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Thema: Der Spiegel (Kurzgeschichte/abgeschlossen) Mi Apr 04, 2012 7:51 am
So hier mal eine Kurzgeschichte.. die etwas.. sehr.. ins Drama abrutscht? :'D Man könnte es schon fast bei einer Tragödie einordnen, aber beurteilt selbst. ich habe die Geschichte eig geschrieben, weil ich grad die ganze Zeit traurige Musik gehört hab und sou.. :3
der Spiegel:
Sie saß vor ihrem Spiegel, starrte hinein. Ihre Augen, welche früher in verschiedensten Grüntönen erstrahlten, wirkten so schrecklich leer, kalt. Kälter als das reflektierende Glas. Stille. Niemand war dort. Nur sie ganz alleine. Einsamkeit umhüllte sie, umklammerte ihr gebrechliches Herz. Doch es schien ihr schon lange egal geworden zu sein. Die Tatsache, dass niemand mehr dort war für sie. In dieser Welt ohne Farben. Langsam beugte sie sich vor, sodass das lange Haar, welches einst Braun war, in ihr schönes Gesicht fiel. Vorsichtig legte sie die Fingerkuppen auf die glatte Oberfläche des Spiegels. Es gab ihr Sicherheit, zu spüren, dass diese Welt noch real war, auch wenn sie sie so sehr hasste. Sie selbst war noch real. Alles andere war verschwunden. Alles. Sie blieb zurück in dieser Welt. Niemanden hätte es gekümmert. Schließlich war sie alleine. Es war ihre Welt geworden. Allein ihre. Und doch wollte sie sie nicht. Sie wollte nicht in ihr gefangen sein. Sie wurde verschlungen, jeden Tag ein Stück mehr. Niemand hörte ihre stummen Schreie. Sie ließ ihre zierliche Hand sinken, schloss die Augen. Sie wünschte sich so sehr jene Tage zurück, an welchen sie noch lachen konnte. Gefühle gehabt hatte. Die Tage, an welchen die Welt noch Farbe besaß. Doch die Farbe war verblasst, verschwunden. Ebenso wie alle anderen. Es war ihr egal. Es kümmerte sie nicht. Wie oft hatte sie versucht sich diese Worte einzureden? Ohne Erfolg? Sie würde sich immer an jene Zeit erinnern, auch wenn diese Welt sie zwang, zu vergessen. Sie würde nicht loslassen. Sie würde weiter an alle die denken, welche von dieser Welt verschlungen worden waren. Ihre Gefühle. Ihre Erinnerungen. Alles hatte diese Welt ihnen geraubt. Nur ihr nicht. Wieso ihr nicht? Oft hatte sie sich diese Frage gestellt. Sie würde wohl nie eine Antwort erhalten. Wer sollte es ihr auch erzählen? Niemand. Sie alle waren fort. Sie zog die Beine an ihren gebrechlichen Oberkörper, schlang die Arme um diese. Ihre Fingernägel krallten sich in die weiche, kalte Haut. Sie lauschte ihrem eigenen Atem, es war beruhigend. Natürlich hatte die Welt ihr das Lächeln gestohlen, ihre Gefühle. Aber nicht ihre Gedanken. Es war wie eine Strafe, so dachte sie. Erneut wanderte ihr Blick zu ihrem Spiegelbild. Wie es fröhlich lächelte. Wie es Farben besaß. Es verspottete sie regelrecht. Das war nicht sie. Sie war nicht dort. In der anderen Welt. Diese Welt mit Farben und Gefühlen. Am liebsten hätte sie ihn zerschlagen. Doch es war ihr einziger Trost. Es war wie ein Fenster, aus welchem sie sehen konnte. Sie öffnete die Lippen leicht, bewegte sie, so als würde sie sprechen, doch kein Ton war zu vernehmen. Ihre Stimme war versiegt, vor langer Zeit schon. Nie wieder würde man sie hören. Vielleicht war es besser so. Alles hatte sicher einen Grund. Bestimmt auch diese Welt. Noch immer starrte das Spiegelbild sie an, bevor es kehrt machte und ging, die Tür hinter sich schloss. Sie sah ihm nach, dem Mädchen, dass ihr bis aufs Haar glich. Sie reckte die Hand nach ihr, versuchte nach ihr zu greifen, doch das Glas verhinderte es. Sie versuchte zu schreien, doch man hörte sie nicht. Tränen stiegen ihr in die Augen. Sie sah zur Seite. Ließ den Arm sinken. Man hatte sie wieder alleine gelassen. Sie spürte, wie sich die Verzweiflung über sie legte. Sie war schwer. Fast wie die dunkelgrauen Eisenketten an ihren Fußgelenken. Was für eine Farbe sie wohl gehabt hätten, wenn sie in der anderen Welt gewesen wäre? Sie würde es wohl nie erfahren. Noch immer rann ihr die salzige Flüssigkeit die Wangen hinab, benetzte ihr graues Oberteil. Sie wollte diese Welt verlassen, in die andere zurückkehren. Doch sie wollte ihr das gelingen? All die Jahre hatte sie es nicht geschafft. Sie würde es auch nie schaffen. Denn nicht dieses Mädchen dort, in der anderen Welt, war ihr Spiegelbild. Sie war das Spiegelbild des Mädchens. Sie hatte keinen Namen mehr. Ihre Augen besaßen keine Farbe mehr, ihr Gesicht kein Lächeln. Sie erhob sich, die Eisenketten klirrten leise. Schwermütig begab sie sich zu ihrem Fenster und schob die schweren Vorhänge beiseite. Licht fiel in das Zimmer, für einen Moment sah sie geblendet weg. Diese graue Sonne dort am Himmel, früher hatte sie sie noch etwas aufgeheitert. Nun interessierte es sie nicht mehr, ob sie schien oder nicht. Weshalb auch? Sie war auch nur grau. Ebenso wie der Himmel. "Was bist du?" Die Stimme war nicht mehr als ein Flüstern, als sie an ihr Ohr drang. Sie sah auf. Niemand war hier. Sie war alleine. Wessen Stimme war es dann aber gewesen? "Was bist du?" Immer wieder hörte sie diese Worte. Sie erfüllten sie mit Angst und gleichzeitig mit Freude. Gefühle. Sie hatte keine Gefühle. Sie sah sich um, eine Bewegung in dem Siegel ließ sie inne halten. Wer war dort? War es das Mädchen? Nein, diese Stimme gehörte einem Jungen. Sicherlich sprach er nicht mit ihr. Er konnte sie nicht sehen. Und doch war da etwas, was sie dazu bewegte einige Schritte zu gehen, in den Spiegel zu sehen. "Was bist du?" Sie sah sie. Diese blauen Augen. Das blonde Haar. Wie gerne hätte sie ihm geantwortet. Doch sie schwieg. Legte nur eine Hand auf das kalte Glas, wie sie es vor wenigen Minuten schon einmal gemacht hatte. "Wieso sprichst du nicht?" Sie schüttelte den Kopf. Die Tränen wollten nicht versiegen. Sie kannte ihn. Nur seinen Namen hatte sie vergessen. Doch dieses Gesicht war in ihre Erinnerungen gemeißelt. Für immer. "Rede mit mir." Sie öffnete den Mund. Nichts geschah. Kein Wort. Erneut schüttelte sie den Kopf. "Kannst du nicht sprechen?" Sie wandte den Blick ab. "Es ist nicht schlimm." Das Kind lachte auf und setzte sich auf den Boden, faltete die Hände in seinem Schoß. Ruckartig drehte sie sich zu ihm. Sie verstand nicht. Was war nicht schlimm? "Ich rede für uns beide, wenn du möchtest." Wie gerne hätte sie es gemocht. Wie gerne hätte sie ihm das gesagt. Doch sie konnte nicht. Es war ihr verwehrt. Und auch wenn er damit keine Probleme zu haben schien, so löste es in ihr eine unendliche Trauer aus. Tage vergingen. Wochen. Monate. Immer wieder war der kleine Junge dort. Sprach mit ihr. Sie freute sich über sein Erzählungen. Er machte ihr Leben in dieser grauen Welt lebenswerter, schöner. Sie konnte wieder lächeln. Sie hatte wieder Gefühle. Jeden Tag brachte er ihr etwas mit. Sie konnte es zwar nicht entgegennehmen, doch dennoch nickte sie immer dankend. Sie war nicht mehr alleine. Es gab jemanden, der für sie da war. Wieder. Er erinnerte sich nicht an sie. Vielleicht war es besser so, wenn er glaubte, das Mädchen in der anderen Welt wäre sie. Sie wollte nicht, dass er auch sein Lächeln verlor. Dieses Lächeln, welches ihr so viel Kraft schenkte. Welches ihr wieder einen Sinn gab. Doch eines Tages kam er nicht mehr. Sie saß dort, wie sie es immer getan hatte, hatte sehnsüchtig auf ihn gewartet. Doch er war nicht da. Er kam sie nicht besuchen. Er brachte sie nicht zum lachen. Sie wartete Tag und Nacht. Sie saß einfach dort und sah starr durch das Fenster in die andere Welt. Nichts. Nur das Mädchen, welches wie sie aussah, sah sie ab und zu an, bemerkte sie jedoch nicht. Wie gerne hätte sie sie gefragt, wo der Junge war. Doch etwas an ihr war anders. Ihre grünen Augen waren matt. Ihre vollen Lippen wurden nicht mehr von einem Lächeln umspielt. Sie wirkte wie eine Hülle. Sie wirkte wie sie. Alleine. Verloren. Ohne Halt. Hatte es die graue Welt durch das Fenster geschafft? Das war unmöglich. Dann sah sie es, Tage später. Wie sich das Mädchen schwarze Kleidung überstreifte. In der Hand eine kleine Karte. Ihr Atem stockte. Das war nicht möglich. Das konnte nicht sein. Entsetzt starrte sie auf das kleine Bild, welches dem Jungen so sehr glich. Sie wollte es nicht wahr haben. Sie wehrte sich dagegen, gegen die Tatsache, dass der Mensch, welcher sie bemerkt hatte, welcher sie glücklich gemacht hatte, nicht mehr da war. Sie wollte schreien, doch sie blieb stumm, wie immer. Er war tot. Er würde ihr nie wieder von seinem Tag erzählen. Würde ihr nie wieder etwas mitbringen. Nie wieder würde sie ihn sehen können. Würde nie wieder mit ihm lachen können. Nie wieder würde sie jemand bemerken. Sie beugte sich vorne über und bettete die Stirn auf dem weichen Teppichboden. Sie schloss die Augen. Sie fühlte sich so schrecklich leer. Es war ihr, als hätte man ihr das monoton schlagende Herz aus der Brust gerissen und es vor ihr zerquetscht. Sie konnte keinen klaren Gedanken fassen. Sie war alleine. Wieder. Erneut war dort diese kalte Einsamkeit, wie sie sich erbarmungslos um sie schlang, sie zu erdrücken drohte. Sie verlor ihr Lächeln. Sie verlor ihre zurück gewonnenen Gefühle. Sie vergaß ihre Vergangenheit, ihre Erinnerungen. Nur an ihn erinnerte sie sich. Hatte sein schönes Gesicht vor Augen, als sie die Leichtigkeit spürte, welche sie umgab. Sie sah auf, ihr Blick verklärt von den stummen Tränen, welche für sie keine Bedeutung mehr zu haben schienen. Schweigend beobachtete sie, wie ihre Finger aufleuchteten, bevor sie zu verschwinden begannen. Bald schon sah sie den Boden durch die Handflächen. War es vorbei? War sie befreit? Sie legte den Kopf in den Nacken, lehnte sich zurück. Sie spürte, wie die graue Welt an ihr zu zerren begann, sich ihr Körper ganz auflöste. Wie vergänglich sie war. Immer weiter schlich sich die Kälte in ihre Glieder. Es war vorbei. Sie verblasste, wie es die anderen vor viele Jahren getan hatten. Nichts blieb zurück, außer den Ketten, welche sie an diese Welt gebunden hatten. Ihr Platz war leer. Nie mehr würde sie dort alleine sein. Sie gehörte nicht mehr der grauen Welt. Die graue Welt war nicht mehr die ihre. Die Last fiel von ihr. Sie würde ihn bei ihm sein. Bei ihrem geliebten Bruder.
So ja.. das is eig das erste Mal, dass ich ne Kurzgeschichte geschrieben hab und so, ne? :'D